Wie können wir Esperanto in der EU einführen?

„Alle Wahrheiten gehen durch drei Stadien. Zuerst durch die Lächerlichkeit. Danach wird sie gewaltsam bekämpft. Und schließlich wird sie als völlig selbstverständlich akzeptiert.“ - Arthur Schopenhauer, Philosoph.

Falls Esperanto die offizielle Sprache in der EU wird, wird Esperanto, weil es leicht zu lernen ist, in ungefähr ein paar Jahrzehnten die englische und auch die anderen EU-Sprachen verdrängt haben.

Denn, in welcher Sprache sollen ein Deutscher, ein Engländer und ein Franzose miteinander debattieren? Es wird ihnen mit der Zeit leid sein, stets einen Dolmetscher zu Hilfe ziehen zu müssen. Sie werden stattdessen Esperanto lernen – falls das in der EU bereits gesprochen wird. Die EU muss eine Arbeitssprache haben, nicht mehrere. Die meisten, die heute in der EU tätig sind, haben Sprachstudien absolviert und könnten sich Esperanto schnell aneignen.

Jetzt ist es Zeit für einen Beschluss

Die EU hat jetzt elf offizielle Arbeitssprachen, 2004 wird sich die Zahl auf 20 erhöhen. Ich schlage vor, dass wir ab 2007 eine letzte, offizielle Sprache bekommen sollen, nämlich Esperanto. Danach soll Schluss sein mit neuen Arbeitssprachen. Die Länder, die danach dazukommen, müssen Esperanto benutzen, oder eine der anderen Arbeitssprachen. Will man Dokumente in seine eigene Sprache übersetzt haben, muss man das in eigener Regie durchführen.

Der Gewinn würde enorm sein. Wenn Esperanto auf diese Art und Weise einen offiziellen Status als internationale Arbeitssprache bekommen hat, würde sich das Interesse für Esperanto in Europa und der übrigen Welt dramatisch steigern. Esperanto würde die anderen Arbeitssprachen bald verdrängen, weil es so leicht zu lernen ist und außerdem eine Reihe anderer Vorteile hat.

Keinen Beschluss zu fassen ist auch ein Beschluss

Wenn kein Beschluss gefasst wird, werden die Kosten pro Jahr stark ansteigen.

Man sollte den Beschluss fassen, EU-Sitzungen von 2040 an nicht mehr zu dolmetschen. Die Delegierten, die Esperanto nicht beherrschen, müssen dann eigene Dolmetscher und Übersetzer mitbringen. Außerdem sollten ab 2040 sämtliche Gesetze und andere Dokumente nur noch in Esperanto geschrieben werden. Wenn ein Land etwas übersetzt haben will, muss man selbst dafür sorgen. Später sollten dann Dolmetscher für Kontakte mit Ländern außerhalb der EU überflüssig sein, denn wenn die EU mehr als 33 Jahre lang Esperanto als Arbeitssprache gehabt hat, werden viele Menschen in der Welt diese Sprache gelernt haben, weil Europas Größe für die Weltwirtschaft von großer Bedeutung geworden ist.

Bereits ab 2007

Falls Esperanto von 2007 an für Übersetzungen und Dolmetschen als Zwischensprache (Relaissprache) benutzt wird, wird die Arbeit innerhalb der EU bedeutend vereinfacht, wodurch viel Geld gespart werden kann. Dabei würden für jedes Sprachenpaar keine Dolmetscher mehr benötigt, sondern es würde mit Dolmetschern, die zwischen Esperanto und der eigenen Muttersprache übersetzen, völlig ausreichen. Es hat sich gezeigt, dass Dolmetscher und Übersetzer Esperanto sehr leicht erlernen, weil die Worte auf internationalen Wortstämmen basieren, vor allem wenn es sich um lateinische und romanische Sprachen handelt.

Computer können übersetzen

Esperanto eignet sich besonders gut dafür, bei Übersetzungen über Computer als Zwischensprache benutzt zu werden, weil Esperanto eine sehr exakte und logische Sprache mit wenigen Synonymen ist.

Auch wenn innerhalb der EU alle Verhandlungen auf Esperanto erfolgen und sämtliche Sitzungsprotokolle u.a. in Esperanto geschrieben werden, müssen natürlich noch einige Jahre lang viele Übersetzungen durchgeführt werden. Denn Dokumente, die für die Menschen in den verschiedenen Mitgliedsländern wichtig sind, müssen übersetzt werden. Aber, nachdem immer mehr Politiker und andere Menschen Esperanto gelernt haben, wird sich der Bedarf an Simultanübersetzungen verringern, um nach und nach zu verschwinden. Falls Esperanto die Arbeitssprache innerhalb der EU wird, werden sich immer mehr Menschen diese Sprache aneignen, und neue Generationen werden diese gleichzeitig in der Schule lernen.

Wenn die EU auf Esperanto übergeht, wird man in Zusammenarbeit mit der Universala Esperanto-asocio, ein Büro für terminologischen Sprachenservice aufbauen. Auch wenn es Esperanto bereits seit 115 Jahren gibt, besteht innerhalb vieler Gebiete ein gewisser Mangel, es fehlen beispielsweise Worte und Ausdrücke für medizinische und sozialpolitische Begriffe, für verschiedene technische Prozesse, Maschinenkomponente etc.

Probleme dieser Art werden auch bei der bevorstehenden Erweiterung der EU auftreten. Hier können Parallelen zu den großen Übersetzungsproblemen gezogen werden, die innerhalb der Uno entstanden, als chinesische und arabische Sprachen zu offiziellen Sprachen ernannt wurden. Die Übersetzer mussten sich viele neue Worte und Ausdrücke ausdenken.

Es gibt eine mehr als hundertjährige alte Tradition, neue Worte und Ausdrücke in Esperanto zu erstellen, was hinsichtlich des Aufbaus der Sprache viel leichter geht als bei anderen Sprachen.

Gemeinsame Essen sind wichtig

Wenn Esperanto in der EU zur gemeinsamen Arbeitssprache erklärt wird, werden viele EU-Delegierte und Politiker im Laufe ihrer Karriere schnell Esperanto lernen. Wer Esperanto gelernt hat, wird auch außerhalb der Sitzungssäle wichtige Kontakte knüpfen können. Die wichtigen und entscheidenden Kontakte werden ja meistens in den Büros, per Telefon, auf Reisen, bei gemeinsamen Essen und bei verschiedenen informellen Treffen geknüpft.

Das ist keine Utopie. Ein Lehrer und ein Europa-Dolmetscher konnten nach einem Intensivkursus an der Volkshochschule in Karlskoga/Schweden, der über fünf Tage währte, zu ihrer eigenen Verwunderung mit einem Arzt aus dem Baltikum ein komplettes Gespräch in Esperanto führen.

Vergleichen Sie, wie es heute in der EU aussieht. Es gibt weder Zeit noch Ressourcen, alles zu dolmetschen, was in den verschiedenen EU-Sprachen gesagt wird, was zur Folge hat, dass viele Delegierte versuchen müssen, so gut wie möglich – beispielsweise bei der englischen Übersetzung – mitzufolgen. Die Gefahr von Fehlübersetzungen erhöht sich also bei dem jetzigen System, wobei man aus Mangel an Dolmetschern oftmals die Übersetzung eines Dolmetschers von einem anderen Dolmetscher übersetzen lassen muss.

Europa lernt Esperanto

Es ist nicht unrealistisch, ab 2008 in sämtlichen Schulen innerhalb der EU Esperanto als erste Fremdsprache einzuführen. Die Sprachlehrer repräsentieren ein sprachkundiges Kader, die auf der Basis von älteren Sprachkenntnissen die neue Sprache schnell erlernen würden. Deren Unterrichtung – und auch anderer Interessierte – sollte zum größten Teil in Selbststudien, örtlichen Studienzirkeln, Fernsehen etc. erfolgen.

Sobald Esperanto in allen Schulen der EU-Länder die erste Fremdsprache geworden ist, werden sämtliche Schüler innerhalb der EU bereits nach ein paar Jahren neben ihrer eigenen Muttersprache miteinander reden, korrespondieren, und sich untereinander verstehen können. Nach wenigen Jahrzehnten braucht man dann in der EU keine Dolmetscher mehr. Die Arbeit würde viel friktionsfreier laufen, wäre demokratischer und, nicht zuletzt, Milliarden Euro billiger. Demokratischer, weil es nun Delegierte gibt, die die englische Sprache nicht so gut beherrschen, aber jetzt mit denen debattieren können, die Englisch als Muttersprache haben. Noch sitzen sie meistens da und schweigen lieber – laut Aussage eines EU-Parlamentariers. Es ist ja nicht immer ein Dolmetscher vorhanden. Demokratischer auch, weil viele Menschen besser verstehen können, was innerhalb der EU-Administration vor sich geht. Damit würde auch ein Gefühl der Alienation, was manche in der EU empfinden, geringer werden oder ganz verschwinden.

Einwanderer

Falls die EU-Schüler außer Esperanto eine weitere Fremdsprache lernen sollen, warum dann Englisch? Es gibt dann keine Gründe mehr, dass Englisch eine obligatorische Sprache sein soll. Wenn wir wollen, dass die Jugendlichen innerhalb der EU zwei Fremdsprachen lernen sollen, warum dann nicht, je nach örtlichen Ressourcen, Sprache Nummer Zwei nach eigener Wahl? Viele wollen sicherlich Englisch lernen, während andere lieber Französisch vorziehen, oder Chinesisch, und wieder andere – wir habe ja viele Einwanderer in der EU, wollen lieber die Sprache ihrer Vorfahren lernen. All das bedeutet ein größerer kultureller Austausch und viele Einwirkungen aus aller Welt, und auch untereinander.

Sollen wir uns von der englischsprachigen Welt isolieren? Natürlich nicht. Man wird akzeptieren, dass Englisch nicht länger eine internationale Sprache ist (was sie eigentlich auch niemals war), genau so, wie wir akzeptieren mussten, dass unsere Sprachen keine internationalen Sprachen sind. Man wird akzeptieren, dass die internationale Sprache nunmehr Esperanto ist und man wird Esperanto lernen. Dann können wir nämlich als Gleichberechtigte auftreten.

Don Quichote

Wenn normale Touristen, dank Esperanto, mit Völkern aus anderen Ländern diskutieren und sich verständigen können, wird das zu einem größeren Interesse für andere Länder und deren Kulturen führen, was wiederum zu einem größeren Sprachinteresse führt. Aber jetzt gilt nicht mehr nur Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch, sondern man lernt auch Sprachen wie Dänisch, Slowenisch, Arabisch und Estländisch. In meiner Jugend traf ich einen Hafenarbeiter, der Spanisch studierte. Warum? Er hatte nach dem Lesen von Cervantes Buch Don Quichote Interesse an der spanischen Sprache und der spanischen Kultur bekommen. Außerdem wollte er Don Quichote gerne in der Originalsprache lesen können. Davon, glaube ich, werden wir nach dem Einführen von Esperanto mehr zu hören bekommen.

Sprachbegabte Elite

Ohne Konkurrenz von der internationalen Sprache Esperanto wird innerhalb der nächsten fünfzig Jahre die nationale Sprache Englisch zur Weltsprache, oder auf jeden Fall die internationale Sprache in der EU werden. Bei denen, die Englisch nicht als Muttersprache haben, wird nur die sprachbegabte Elite diese Sprache beherrschen, falls in der obligatorischen Schulausbildung der gesamte Unterricht nicht auf Englisch abgehalten wird. Eine derartige Lösung wird die deutsche Sprache zurückdrängen, und die damit verknüpfte Kultur. Etwas, was die Welt ärmer machen würde.

Falls die EU Esperanto als Arbeitssprache wählt, wird Esperanto so dominierend, dass man diese Sprache in der allgemeinen Schulausbildung auf der ganzen Welt einführen wird, auch in den englischsprachigen Ländern.

Viele Schulen auf der ganzen Welt haben Esperanto bereits in ihrem Schema. Es gibt 110 Universitäten in 22 Ländern, die in Esperanto unterrichten, u.a. in China, Südkorea, Brasilien, Frankreich, Japan und Schweden.

Hören Sie Radio Beijing

Man rechnet damit, dass im Jahr 2008 Chinesisch die größte Sprache im Internet sein wird. Vielleicht hat China im internationalen Handel bereits in 20 Jahren die Rolle der USA als führende, wissenschaftliche Nation übernommen. Das ist nicht ausgeschlossen. Es gibt mehr als dreimal so viel Menschen, die Chinesisch als Muttersprache haben als solche, die die englische Sprache als Muttersprache haben. Könnte es sein, dass China die Resultate seiner Forschung u.a. in Englisch publiziert? Nein, wir werden Chinesisch lernen müssen, falls wir nicht Esperanto lernen. Aus der Sicht der chinesischen Staatsführung hat man eine positive Einstellung zum Esperanto als internationale Sprache. Das zeigt sich u.a. in der Ausgabe von zumindest drei Zeitschriften auf Esperanto sowie tägliche Radiosendungen aus Beijing auf Esperanto.

Morgen ist es zu spät

Wir haben eine Verantwortung, nicht nur gegen uns selbst, sondern auch gegen kommende Generationen. Wie soll die Welt aussehen, die Sie hinterlassen? Wollen Sie, dass die meisten Sprachen in einer Welt als zweitklassig betrachtet werden, in der die Elite Englisch oder Chinesisch spricht? Wollen Sie, dass künftige Generationen in den meisten Ländern einen Großteil ihrer Zeit damit verbringen, zu versuchen, die Sprache der Elite zu lernen, was ihnen doch nicht gelingt? Wollen Sie, dass die verschiedenen Kulturen der Welt immer mehr von den angelsächsischen oder chinesischen Kulturen, oder einer anderen Sprachkultur, beeinflusst werden? Sie haben eine Verantwortung. Wählen Sie den richtigen Weg. Wählen Sie die Sprache, die Sie unterstützen wollen. Wollen Sie eine vielsprachige und multikulturelle Welt haben, dann bedeutet das, dass Sie Esperanto unterstützen. Es gibt keine Alternative. Wählen Sie den richtigen Weg. Wählen Sie die richtige Sprache. Morgen ist es zu spät.

Ich habe absolut nichts gegen die englischen oder chinesischen Sprachen oder die Kulturen, die diese repräsentieren. Aber es muss auch Platz für andere Sprachen und andere Kulturen geben.

Generationen kommen und gehen. Wir müssen danach streben, eine bessere Welt hinter uns zu lassen. Eine Welt, in der alle Menschen frei miteinander reden können, ohne Sprachbarrieren. Eine Welt mit vielen Kulturen, vielen Sprachen und Unterschieden, aber auch mit einer gemeinsamen Sprache.

And here comes an English exercise: The day when we meet in a common language, that day the opportunities will increase drastically for that we one day will see each other as neighbours, that we one day will understand each other and that we one day will forgive each other.

An dem Tag wo wir uns mittels einer gemeinsamen Sprache begegnen, steigen mächtig die Voraussetzungen dafür, dass wir uns eines Tages als Mitmenschen betrachten, dass wir uns eines Tages verstehen und dass wir uns eines Tages verzeihen.


© Hans Malv, 2004